Ein Mahlgang besteht immer aus einen fest liegenden Bodenstein und den sich drehenden Läuferstein oder Liegestein. Wegen der auftretenden Fliehkräfte besitzt der Läuferstein zur Verstärkung am Rand eine Eisenkante. Um eine gute Mahlqualität zu erreichen, reicht es nicht aus, einfach Rillen in die Oberfläche beider Steine zu schlagen. Das dazugehörige Wissen haben sich Müller und Mühlenbauer im Laufe der Zeit angeeignet.
Ein Mahlstein und die dazugehörtigen Werkzeuge
(Windmühle Krokau)
Die Oberfläche beider Steine fällt ab einer gewissen Entfernung vom Außenrand gleichmäßig nach innen in einem flachen Winkel ab. Diese Vertiefung im inneren Teil des Mahlsteins nennt man Schluck. Der Schluck ist ein Hohlraum bei den beiden aufeinander liegenden Mahlsteinen, der die Zuführung des Mahlgutes begünstigt.
Die Luftfurchen sorgen durch die Rotation des Läufersteins für einen Luftzug von innen nach außen wodurch das Mahlgut wieder nach außen befördert wird. Die Fläche zwischen den Luftfurchen heißt Mahlbalken oder Mahlbahn.
Bei guten Mahlsteinen haben die Luftfurchen auf der einen Seite eine steile Kante während die andere Kante flacher ist. Das Mahlgut gleitet durch den Luftzug langsam die flache Kante hinauf zwischen die Steine und wird dort zermahlen. Es gibt unterschiedliche Mahlsteine. Einige besitzen nur Hauptfurchen. Sie verlaufen komplett von innen nach außen. Andere Mahlsteine haben auch Nebenfurchen. Diese verlaufen ab dem Punkt, wo die Oberfläche des Steins langsam nach innen abfällt, nach außen.
Mahlstein mit den Luftfurchen
Hier die alte Kreisschärfe mit Nebenfurchen
(Windmühle Krokau)
Begriffe am Mahlstein
Hier die alte Kreisschärfe mit Nebenfurchen
(Windmühle Krokau)
Der Abstand zwischen Boden- und Läuferstein kann angepasst werden, je nachdem wie das Getreide zermahlen werden soll. Damit die Mahlqualität gleich bleibt, ist ein Regulator vorhanden. Dieser reguliert den Abstand beider Steine je nach der Drehgeschwindigkeit, da der Wind ja nicht völlig gleichmäßig weht.
Da die Mahlsteine beim Mahlvorgang langsam abnutzen, müssen sie regelmäßig nachgeschärft werden. Dazu werden zunächst mit dem Kraus- oder Stockhammer alle Mahlbahnen beschlagen und aufgerauht. Mit dem Bicken- oder Billenhammer werden anschließend die Luftfurchen nachgeschlagen.
Werkzeuge zum Nachschärfen von Mahlsteinen
(Windmühle Krokau)
Die Luftfurchen auf dem Mahlstein können verschieden angeordnet sein. Dies bezeichnet man als Steinschärfung. Am häufigsten sind die geradlinige Felderschärfe und die Bogen- oder Kreisschärfe. Boden- und Läuferstein haben dieselbe Schärfe. Wenn beide Steine aufeinander gelegt werden, schneiden sich die Luftfurchen. Bei Drehung des Läufersteins entsteht ein Schnitt ähnlich wie es z. B. bei der Schere der Fall ist.
Als Vorlage für diese und auch die anderen Schärfen benötigt man eine Schablone. Die Grafik unten dient als Beispiel. Sie zeigt den Läuferstein und der blaue Pfeil seine Drehrichtung. Man zeichnet zunächst den Umfang des Mahlsteines sowie des Steinauges in der Mitte auf. Dann nimmt man 4/5 des Steinradius in den Zirkel, setzt den Zirkel genau im Zentrum des Steinmittelpunktes an, und zeichnet einen Kreis. Dieser Kreis liegt etwas weiter innen und ist auf der Grafik unten blau dargestellt. Dann setzt man irgendwo auf den blauen Kreis, hier ist es der Punkt A, den Zirkel mit dem gleichen Radius (4/5 des Steinradius) an, und zeichnet einen Kreis vom Steinrand bis zum Steinauge. In der Grafik ist das der Kreis A. Die anderen Furchen werden ebenso gezeichnet, nur jede eben von einem anderen Punkt auf dem blauen Kreis.
Die alte Kreisschärfe
Mario Lehwald
Natürlich gibt es auch abweichende Maße. Statt 4/5 des Steinradius kann man auch 7/8 von diesem verwenden. Oft werden auch ein oder zwei Nebenfurchen verwendet.
Bei der alten Kreisschärfe laufen die Furchen, mit starker Krümmung, in ihrer Verlängerung durch die Mitte. Dies bedingt einen mehr oder weniger starken Schnittwinkel nach dem Umfang hin. Bei der neuen Kreisschärfe, auch Bogenschärfe genannt, nimmt der Schnittwinkel nach dem Umfang hin etwas ab.
Zur Anfertigung einer Schablone werden hier wieder Steinauge und Steinumfang aufgezeichnet. Die Grafik unten zeigt wieder den Läuferstein und der blaue Pfeil seine Drehrichtung. Als Grundregel für die neue Kreisschärfe und auch in diesem Beispiel werden 5/3 des Steinradius verwendet. Man nimmt 5/3 des Steinradius in den Zirkel, setzt den Zirkel im Steinmittelpunkt an, und zieht einen Kreis der außerhalb des Steinumfangs zu liegen kommt. Auf der Grafik unten ist dieser Kreis blau dargestellt.
Ein Beispiel verdeutlicht das: Ein Stein mit einem Durchmesser von 1.200 Millimeter hat einen Radius von 600 Millimeter und der neue äußere Kreis mit 5/3 des Steinradius einen Durchmesser von 2.000 Millimeter oder 1.000 Millimeter Radius. Anschließend nimmt man den gleichen Wert - 5/3 des Steinradius oder in unserem Beispiel 1.000 Millimeter - in den Zirkel und addiert noch 75 Millimeter dazu. In unserem Beispiel wären das 1.075 Millimeter. Jetzt setzt man den Zirkel mit diesem Radius irgendwo auf dem äußeren blauen Kreis an und zieht eine Bogenlinie vom Auge zum Rand des Steins. In der Grafik unten ist das der Punkt A und der erzeugte Bogen ebenfalls A.
Die neue Kreisschärfe
mit Nebenfurchen gleichen Zuges
Mario Lehwald
Die Nebenfurchen können vom gleichen Zug sein wie die Hauptfurchen oder in einem Feld parallel liegen. Um die parallelen Nebenfurchen in einem Feld zu zeichnen, wird der Zirkel an der gleichen Stelle auf dem äußeren Kreis angesetzt, von der die Hauptfurche gezeichnet wurde. In der Grafik ist das der Punkt A. Anschließend wird der Radius des Zirkels entsprechend vergrößert und der Bogen gezeichnet. In der Grafik unten sind das die Nebenfurchen A1 und A2, die beide vom Punkt A aus gezeichnet wurden.
Die neue Kreisschärfe
mit parallelen Nebenfurchen im gleichen Feld
Mario Lehwald
Die geradlinige Felderschärfe ist am einfachsten aufzuzeichnen und auch instandzuhalten. Sie wird daher am häufigsten verwendet. Die Nebenfurchen können vom gleichen Zug sein oder parallel verlaufen. Parallele Nebenfurchen wurden am häufigsten verwendet. Die Grafiken unten zeigen wieder den Läuferstein und der blaue Pfeil seine Drehrichtung.
Die geradlinige Felderschärfe
mit parallelen Nebenfurchen
Mario Lehwald
Die geradlinige Felderschärfe
mit Nebenfurchen vom gleichen Zug
Mario Lehwald
Bei der Spiralschärfe nach Professor Naumann ist der Schnittwinkel vom Mittel bis zum äußeren Umfang stets gleich. Dazu berechnete Professor Naumann eine sogenannte logarithmische Spirale. Die Herstellung einer Schablone ist etwas aufwendiger. Zunächst wird ein Viertelkreis, also 90 Grad, aufgetragen. Die Größe des Steinauges beträgt 1/5 des Radius des Viertelkreises. Der Viertelkreis selbst wird in 18 Teile zu je 5 Grrad zerlegt. Die Außenpunkte dieser Teile werden mit dem Kreismittelpunkt verbunden (gestrichelte blaugrüne Linien in der Grafik unten). Mit dem Zirkel im Mittelpunkt werden vom Punkt 1 (blaugrün) 10 Grad nach links abgeteilt (rote Linie) und man erhält den Punkt N. Von diesem Punkt N zieht man eine Linie zum Mittelpunkt des Steins. Diese Linie schneidet den inneren Kreis (Auge) bei Punkt A (rot).
Schablone zur Spiralschärfe
Mario Lehwald
Jetzt steckt man die Entfernung vom Punkt A (rot) zur blaugrünen Linie 1 ab und geht die gleiche Strecke vom Punkt A auf der roten Linie nach oben und erhält so den Punkt B. Die blauen Linien zeigen diese Strecke. Jetzt zeichnet man mit dem Zirkel im Mittelpunkt einen Kreis vom Punkt B bis zur blaugrünen Linie 2. Anschließend steckt man wieder die Entfernung vom Punkt B nach rechts bis zur blaugrünen Linie 1 ab und geht diese Strecke vom Punkt B auf der roten Linie nach oben und erhält den Punkt C. Vom Punkt C zeichnet man wieder einen Kreis bis zur blaugrünen Linie 3.
Jetzt werden die Punkte A, B, C usw. ermittelt
Mario Lehwald
Anschließend macht man so weiter und erhält die Punkte D, E, F, G, H, J, K und L. Die Endpunkte der gezeichneten Kreise werden miteinander verbunden und ergeben eine krumme Linie, die hier blau gezeichnet ist.
Die fertige Linie zur Spiralschärfe
Mario Lehwald
Häufig liegen in der Nähe einer Windmühle noch alte Mahlsteine. Sie sind Zeugen einer längst vergangenen Epoche. Aufgrund ihres hohen Alters sind die meisten deutlich verwittert. Bei den meisten lassen sich aber noch die Furchen und oft auch die Schärfe erkennen.
Alter Mahlstein an der Windmühle Krokau
Hier erkennt man die geradlinige Felderschärfe mit parallelen Nebenfurchen
Alter Mahlstein an der Windmühle Krokau
Auch hier erkennt man noch die geradlinige Felderschärfe mit parallelen Nebenfurchen
Alter stark verwitterter Mahlstein an der Windmühle Gettorf
Alter Mahlstein an der Windmühle Gettorf
Ein Kollergang dient zum Zerkleinern von Steinen oder anderen Stoffen. Kollersteine stehen immer aufrecht wie das Rad an einem Wagen. Es kann ein Stein sein oder auch zwei Steine, die mit einer horizontalen Achse verbunden sind. Die Kollersteine selbst drehen sich nicht um ihre eigene Achse, wie das bei den anderen Mahlsteinen der Fall ist, sondern der Stein bzw. die beiden Steine drehen sich um eine vertikale Achse. Diese Steine nennt man Läufersteine. Sie bewegen sich auf einer Bodenplatte, die meist auch aus Stein besteht. Damit das Mahlgut gut zerrieben wird, haben Kollersteine die Form eines Kegelsstumpfes.
Kollergang mit zwei Steinen
Quelle: Kassander der Minoer
Bild: Rollenmuehlen-Innen
Lizenz: CC BY-SA 3.0